Der Schutz von Umwelt und Gesundheit von Mensch und Tierwelt ist ein hohes Gut, auch für die deutsche Industrie. Ein pauschales Verbot von „Per- und Polyfluoralkyl-substanzen (PFAS)“ wird dem nicht gerecht.
Der VIK merkt an, dass keine Pauschalisierung im Sinne einer grundsätzlichen Beschränkung von PFAS vorgenommen werden sollte. Es ist eine Einzelfallbetrachtung erforderlich; durch eine Bewertung abzuleitende Maßnahmen wie möglicherweise eine Beschränkung der Herstellung, der Inverkehrbringung sowie der Verwendung sollte mit Augenmaß erfolgen.
Aktueller politischer Rahmen:
Die deutsche energieintensive Industrie befindet sich über alle Branchen hinweg derzeit in einer sehr herausfordernden und auch existenzgefährdenden Situation.
An vielen Standorten wurde bereits die Produktion heruntergefahren. Darüber hinaus befindet sich Deutschland in einer möglicherweise länger andauernden Rezession.
Viele Unternehmen eruieren zurzeit die Standortbedingungen für weitere Investitions-entscheidungen in Europa, sowohl zum Erhalt der hiesigen Produktionsstätten als auch hinsichtlich wichtiger klimaneutraler Transformationsvorhaben. Schon jetzt leidet die deutsche Industrie unter Standortnachteilen.
Die aktuellen Diskussionen um etwaige PFAS-Beschränkungen, damit verbundene Kosten für Alternativen bzw. die Frage einer generellen weiteren Verfügbarkeit einzelner Stoffe, Stoffgruppen oder Gemische, tragen nicht zu einer Entspannung des Gesamtbildes bei.
Klimaschutz, klimaneutrale Mobilität, grüner Wasserstoff, CO2-Management und Energiewende insgesamt sind nur mit PFAS-Substanzen erreichbar.
Ein pauschales PFAS-Verbot würde eine Verfehlung der Ziele des EU-Green Deal bedeuten, gerade bei den Technologien, die mit der Transformation des Energiesystems in Verbindung gebracht werden. Es darf keine Überregulierung der Wirtschaft sattfinden, wodurch nachhaltiges Wachstum und die Entwicklung von Schlüsseltechnologien gehemmt werden.
Gerade bei den Technologien, die mit der Transformation des Energiesystems in Verbindung gebracht werden, sind PFAS enthalten. Beispielsweise sind PFAS in elektrochemischen Energiespeichern, Energieinfrastruktur, Brennstoffzellen und Wasserstofftechnologien enthalten; ihr Ersatz, wenn überhaupt kurz- bis mittelfristig möglich, wird enorme Ressourcen binden, die der Transformation nicht zur Verfügung stehen und die ambitionierten Ziele gefährden.
PFAS – Relevanz für die Industrie
Die Entwicklung von PFAS sowie deren industrieller Einsatz hat wesentlich zur (Weiter-)Entwicklung industrieller Technologien und Prozesse geführt. PFAS werden heute in einer Vielzahl industrieller Produkte verwendet.
Die Einsatzgebiete von Per- und Polyfluoralkylsubstanzen in der Industrie ergeben sich aus den immanenten Eigenschaften wie beispielsweise einer hohen „Beständigkeit gegenüber extremen Temperaturen“, einer hohen „Beständigkeit gegenüber aggressiven Chemikalien“ sowie einer hohen „Abrieb- und Verschleißfestigkeit“.
Durch die beispielhaft genannten spezifischen Eigenschaften von PFAS lassen sich Bauteile und Anlagenkomponenten ressourcenschonender, weil mit geringerer Masse konstruiert, herstellen, die Lebensdauer von Produkten lässt sich steigern und auch Wartungsintervalle lassen sich verlängern.
Gasförmige Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) fungieren beispielsweise als Isolier- und Schutzgase in elektrischen Schaltanlagen.
Per- und Polyfluoralkylsubstanzen sind ein wesentlicher Baustein für die heutige Innovationskraft der Industrie, auch wenn es darum geht, Technologien für den Klimaschutz voranzubringen und die damit verbundenen ambitionierten Ziele zu erreichen.
Diese der Industrie innewohnende Innovationskraft, der damit verbundenen Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen sowie damit auch dem Erhalt des Wirtschaftsstandortes Deutschland, könnte durch ein breites Verbot von PFAS-basierten Anwendungen und Erzeugnissen beeinträchtigt werden.
Wenn Fertigungsketten in Europa wegbrechen würden, wäre dies perspektivisch möglicherweise mit einem uneinholbaren Vorsprung außereuropäischer Hersteller verbunden; Marktanteile, Umsatzerlöse und technisches Knowhow gingen perspektivisch und dauerhaft verloren.
Aspekte, die im weiteren Verlauf des Evaluierungsprozesses zu berücksichtigen sind:
Empfehlungen/Forderungen des VIK:
Allgemein:
Beispielhaft genannt für die Forderung der Whitelist ist die Entwicklung von alternativen Isoliergasen zu SF6 mit sehr hohem GWP-Potential in Hochspannungs-Schaltanlagen. Diese Alternativen sind in der Regel PFAS-haltig.
Konkret:
Vor dem Hintergrund, dass F-Gase sowohl in den einen als auch den anderen Regelungsbereich fallen können, sind Doppelregelungen und/oder wechselseitige Potenzierung unbedingt zu vermeiden.
Verbleibende PFAS-Stoffe, die für das Allgemeinwohl nachweislich unverzichtbar sind, müssen in das REACH-Register aufgenommen werden wie auch andere Chemikalien. Ein verantwortungsvoller Umgang mit PFAS-Stoffen und Produkten wird somit ermöglicht. In Anlehnung an die REACH-Verordnung wird sichergestellt, dass auf lange Sicht die gefährlichsten Stoffe durch weniger gefährliche bzw. ungefährliche Stoffe ersetzt werden.
Hieraus kann sich ergeben, dass längere Übergangsfristen als fünf bzw. zwölf Jahre erforderlich werden. Der VIK empfiehlt, dass die ECHA ihre vorgegebenen Übergangsfristen gemäß Beschränkungsdossier (Anhang XV-Report) überdenkt.
Damit wird auch erreicht, dass die industriellen Anwender weiterhin am Markgeschehen teilhaben können. Der forschenden Industrie wird die Zeit gegeben, parallel an EU-konformen innovativen Alternativen zu forschen, zu entwickeln und diese zur Marktreife zu bringen.