Mit einem klaren Bekenntnis zu den Zielen des Energiekonzepts der Bunderegierung meldete sich der neue Vorstandsvorsitzende des VIK Verband der Indus-triellen Energie- und Kraftwirtschaft, Dr. Roland Mohr, in Berlin erstmals zu Wort. Es gehe jedoch nicht nur um das Erreichen des Ziels, sondern vor allem auch darum, die Ziele so kostengünstig als möglich und unter Marktgesichtspunkten zu erreichen. Der derzeitige Weg gefährde das industrielle Herz der deutschen Wirtschaft – die Industrieunternehmen. So konnten zwar in der diesjährigen EEG-Novelle für die kommenden drei Jahre europakompatible Elemente zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit großer Energiekunden verankert werden. Allerdings, so Mohr, würden die EEG-Belastungen der Unternehmen deutlich steigen. Die von der Bundesregierung präferierten zukunftsorientierten, umweltfreundlichen, die Energiewende stärkenden Eigener-zeugungsprojekte auf Basis effizienter Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen) werden ebenfalls zusätzlich belastet und in ihrer Wirtschaftlichkeit geschwächt, so der VIK-Vorsitzende, dessen Verband die Interessen großer industrieller und gewerblicher Stromkunden und -erzeu-ger vertritt.
Dies sei umso unverständlicher, als die Bundesregierung selbst den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung als ein zentrales Ziel innerhalb der Energiewende bezeichnet. Deshalb habe sie auch eine Erhöhung der Strom-Produktion aus KWK-Anlagen auf 25 % am Gesamtstromanteil bis 2020 beschlossen.
„Die Zielvorgabe eines 25 %-KWK-Anteils bis 2020 ist unter den verschärften Wirtschaftlichkeitsbedingungen für diese Anlagen derzeit völlig unrealistisch.“, so Dr. Roland Mohr. „Ebenso wie das aktuelle KWK-Gutachten von Prognos halten auch wir den KWK-Ausbau in sieben Jahren um 40 % für kaum erreichbar. Was noch dadurch verschärft wird, dass in der anstehenden KWK-Novelle nicht einmal die Zusatzbelastungen aus dem neuen EEG für die Industrie kompensiert werden sollen, ganz zu schweigen von einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation dieser KWK-Anlagen.“
In diesem Umfeld werde es schwer, die vergleichsweise kostengünstige, umweltverträgliche und für die Energiewende wichtige KWK-Technologie weiter voranzutreiben. Es bestehe eher die Gefahr einer künftig sinkenden Eigenstromerzeugung, mit entsprechenden Risiken für die Energiewende, so Mohr weiter.
Die auch in Zukunft weiter steigenden Belastungen der deutschen Industrieunternehmen sind aus Sicht des VIK umso unverständlicher, als die Unternehmen mit ihrer Produktionsflexibilität und der Eigenerzeugung einen wichtigen Beitrag für die Stabilität des gesamten Versorgungssystems bereits heute leisten. Ein zusätzlicher Beitrag sei, je nach Stromangebot durch Ausweitung oder Zurückfahren der Produktion bzw. durch Erhöhung oder Senkung der Eigenstromerzeugung, möglich, wenn dies nicht – wie derzeit – noch zu Mehrbelastungen der Unternehmen führe. „Das Netzentgeltsystem muss deshalb dringend angepasst werden “, so der VIK-Vorsitzende Mohr.
Kritisch sieht der Verband auch die europäischen Planungen, den CO2-Preis durch künstliche Verknappung der CO2-Zertifikate nach oben zu treiben. Die direkten und indirekten Konsequenzen für die Unternehmen am Standort Europa wären beträchtlich. Die Carbon Leakage-Gefahr – die Produktionsverlagerung in weniger rigide agierende Regionen der Welt – steige mit zunehmendem CO2-Preis bei gleichzeitig reduzierter freier CO2-Zertifikate-Zuteilung. Vor dem Hintergrund dieser absehbaren Entwicklung ist ein Strompreisanstieg von 1 bis 1,2 Euro/MWh je Erhöhung um 1 Euro/t CO2 ermittelt worden[1] (Bild 2). Bei einem CO2-Preis von 30 Euro/t im Jahr 2030 würde der Strompreis damit um rund 30 Euro/MWh steigen und sich die Stromkosten der industriellen Stromkunden um insgesamt 25 Euro/MWh erhöhen.
Zwar habe sich die EU aufgrund der guten Erfahrungen Deutschlands in der jüngsten Finanzkrise eine Stärkung der europäischen Industrie auf die Fahnen geschrieben. Aktuelle Projekte und Planung sprächen jedoch eine andere Sprache. Der VIK-Vorsitzende Mohr sprach sich in diesem Zusammenhang auch für einen europäischen Energiebinnenmarkt aus. In Zeiten einer immer stärker werdenden Internationalisierung der Wirtschaft dürfe deutsche Energiepolitik nicht im nationalstaatlichen Klein-Klein verharren und damit die Position der eigenen Industrie schwächen.
Aus Sicht des VIK sei derzeit in Fragen der zukünftigen Strommarktausgestaltung kein akuter Handlungsbedarf zu einer grundlegenden Neuausrichtung geboten. Die bestehenden Kraftwerkskapazitäten seien aller Voraussicht nach ausreichend, so dass der Markt noch einige Jahre ohne additive Kapazitätsmechanismen auskommen könne. Sollte es jedoch absehbar zu Kapazitätsengpässen kommen, könnte das bestehende System der Netzreserve zunächst entsprechend weiterentwickelt werden.
[1] Ergebnisse einer Untersuchung von Dr. Christof Bauer und Dr. Jan Zink, veröffentlicht in den ENERGIEWIRTSCHAFTLICHEN TAGESFRAGEN, 10|2014: „Einfluss der Preisentwicklung von CO2-Zertifikaten im EU-Emissionshandel auf den Stromgroßhandelspreis“.
Der neue VIK-Indexplus zeigt einen Gesamtstrompreisanstieg für Mittelspannungskunden seit 2002 um den Faktor 2,5
Seit einigen Jahren gibt der VIK den VIK-Index heraus, der Bestandteil zahlreicher Stromlieferverträge geworden ist. Zukünftig wird der VIK-Index unter dem Namen VIK-Indexclassic veröffentlicht, er beinhaltet die Preisbestandteile Netzentgelte und Börsenstrompreis für verschiedene Netzbetreiber und Mittelspannungsabnahmefälle. Aufgrund der Bedeutung dieses Indexes für die Vertragsgestaltung soll er auch weiter erhalten bleiben. Um ein genaues Bild der Preisentwicklung zu vermitteln, enthält der nun neue VIK-Indexplus zusätzlich noch die weiteren staatlich induzierten Strompreiselemente und spiegelt so eine realistische Preisentwicklung inklusive der staatlich bedingten Steuern und Abgaben wider.
Verglichen mit dem Jahr 2002 sind die Strompreise für Mittelspannungskunden nach dem neuen VIK-Indexplus um den Faktor 2,5 oder 150 % gestiegen (Bild 3). Im Mittelspannungsbereich sind die Unternehmen in der Regel mit der vollen EEG-Umlage belastet.
Anlagen_Jahrespressekonferenz_2014.zip (1,0 MB)