22.04.2025
Stellungnahme

VIK-Position zum Festlegungsverfahren einer Festlegung eines Regulierungsrahmens für Übertragungsnetzbetreiber

1. Umstieg auf „Cost-Plus-Regulierung“

Eine Abkehr vom Budgetprinzip der Erlösobergrenzenregulierung hin zu einer „Cost-Plus-Regulierung“ (Jährlichkeitsprinzip) setzt gegenüber der bisherigen Anreizregulierung, deren Fokus auf Kostensenkung liegt, stärkere Anreize für Investitionen. Das ist angesichts des Netzausbaubedarfs nachvollziehbar. Allerdings besteht bei einer „Cost-Plus-Regulierung“ das Risiko, dass Effizienzgesichtspunkte weniger stark gewichtet werden, und daher auch ineffiziente Investitionen getätigt werden. Von daher ist es erforderlich, diesem Effekt bspw. durch Bonus-Malus-Systeme und partielle Effizienzvergleiche (Partial-Benchmarks) entgegenzuwirken.

2. Angleichung an den Regulierungsrahmen des Offshore-Bereichs

Das neue Konzept nähert sich dem System für die Regulierung im Offshore-Netzbereich an, eine solche Vereinheitlichung könnte den administrativen Aufwand reduzieren und somit ggf. die Attraktivität für Investoren erhöhen.

3. Planbarkeit und Transparenz der Netzentgelte

Transparenz und größtmögliche Planbarkeit der Netzentgelte sind ein hohes Gut für Netznutzer und Netzbetreiber. Der VIK begrüßt daher, dass Kostenabweichungen von mehr als 10 % der geplanten Kosten auf mehrere Jahre gestreckt werden. Eine Begrenzung extremer Schwankungen bei den Netzentgelten ist aus Letztverbrauchersicht zu befürworten. Industrieunternehmen benötigen Informationen über die zu erwartende Netzentgeltkostenentwicklung, um selbst belastbare Kostenkalkulationen, bspw. für Investitionen in die industrielle Transformation, erstellen zu können.

Die Entwicklung der Entgelte und der dahinterliegenden Kosten sowie die Treiber und Gründe für etwaige Kostensteigerungen sollten im Sinne erhöhter Transparenz für die Öffentlichkeit ersichtlich und nachvollziehbar sein. Dies gilt nicht nur ex post, sondern auch für die längerfristige Perspektive. Daher wäre es sinnvoll, wenn die ÜNB, bspw. im Zuge des NEP-Prozesses, längerfristige Szenarien veröffentlichen würden, um die Entwicklung der Netzausbaukosten auf die Netzentgelte im Zeitablauf sichtbar zu machen. Dem VIK ist bewusst, dass eine solche Prognose Unsicherheiten unterliegt und hierfür Annahmen getroffen werden müssen, die möglicherweise nicht eintreffen werden. Auch stellen die Ausbaukosten im Übertragungsnetz nur einen Teil der Netzkosten dar. Dennoch würde eine solche szenarienbasierte Prognose ein klareres Bild über die absehbaren Entwicklungen ermöglichen.

4. Bonusanreiz für Redispatch-Reduktion

Sofern Bonusanreize für Redispatch-Reduktionen eine Beschleunigung des Netzausbaus bzw. der Priorisierung bestimmter Teilstrecken hervorrufen, sind diese aus Sicht des VIK zu begrüßen. Kostensenkungen beim Netzbetrieb und Netzausbau sollten dabei vorrangig den Netznutzern zugutekommen und nicht die Gewinne der Netzbetreiber zu stark erhöhen.

Im heutigen System werden die Kosten für Redispatchmaßnahmen über die Netzentgelte auf die Netznutzer umgelegt. Wenn weniger Redispatchmaßnahmen erforderlich sind, sinken die Netzentgelte. Es muss vermieden werden, dass durch das geplante Bonussystem diese Netzentgeltreduzierung entfällt bzw. weniger hoch ausfällt.

Außerdem ist der Redispatchbedarf von vielen Faktoren abhängig, die ggf. von den ÜNB nicht beeinflusst werden können (z. B. Ausbau der Erneuerbaren, Wetter, Lastverlauf, Import/Export). Neben der Beschleunigung des Netzausbaus kann der Redispatchbedarf auch durch Investitionen in Speicheranlagen sinken. Es ist also zu erwarten, dass sich die Faktoren überlagern und teilweise gegenläufig wirken. Dadurch ist eine Veränderung des Redispatchbedarfs keiner Ursache eindeutig zuzuordnen. Es muss daher möglichst bürokratiearm sichergestellt werden, dass die bonusfähige Redispatch-Reduktion auf eine „zusätzliche“ Anstrengung/Tätigkeit des ÜNB zurückzuführen ist.

5. Kapitalverzinsung

Der VIK unterstützt das Anliegen, Kostendisziplin walten zu lassen und spricht sich für eine maßvolle Verzinsung aus. Es soll nicht mehr als zwingend erforderlich verzinst werden, d. h. die ÜNB sollten eine angemessene Verzinsung erhalten, um sie effektiv in die Lage versetzten, die erforderlichen Investitionen zu finanzieren und die ihnen zugetragenen Aufgaben, wie den Netzausbau und die Systemsicherheit, zu bewerkstelligen.

Zugleich müssen aber die Kosten für die Netznutzer mitbedacht werden, sodass die Eigen- und Fremdkapitalverzinsung keine Überrenditen für die ÜNB und deren Investoren ermöglichen sollte, um ungerechtfertigt hohe Netzkosten für industrielle Letztverbraucher zu verhindern. Beispielsweise erscheint eine Orientierung des Fremdkapitalzinssatzes an individuellen Gegebenheiten des einzelnen ÜNB (Rating) in diesem Zusammenhang als ein geeigneter Ansatz.

6. Fazit

Die Balance zwischen ausreichender Finanzierung der ÜNB und den Interessen der Netznutzer sollte bei der Festlegung eines neuen Regulierungsrahmens für Übertragungsnetzbetreiber gewahrt werden.

Marvin Dalheimer
Ansprechpartner

Marvin Dalheimer

Fachbereichsleiter Energiewirtschaft und Regulierung