Vorbemerkungen
Der VIK begrüßt, dass das BMWE sich im Vorfeld einer Detailregelung so intensiv mit der Abgrenzung von Strommengen die ISP berechtigt sind und solchen die SPK berechtigt sind beschäftigt und eine pragmatische Lösung dafür anstrebt.
Ein wirksamer Industriestrompreis (ISP) muss aus Sicht des VIK für den gesamten Stromverbrauch von Unternehmen bzw. Produktionsstandorten (oder analog zur BesAR zumindest auf die Gesamtstrommenge der Abnahmestellen eines Unternehmens) gelten und uneingeschränkt mit der CO2-Strompreiskompensation (SPK) kombinierbar sein.
Dies würde eine Anpassung des Beihilferahmens erfordern, da die geltenden Beschränkungen im Clean Industrial Deal State Aid Framework, kurz CISAF, dies heute nicht zulassen und daher gerade für die besonders stromintensive Produktion keine zusätzliche Entlastung bringt.
In der Zwischenzeit sollte zumindest für Stromverbräuche eines Unternehmens, die nicht unter die Strompreiskompensation fallen, die Anwendung des Industriestrompreises ermöglicht werden.
Kernforderungen des VIK
Kombinierbarkeit ermöglichen: Der Industriestrompreis (ISP) muss uneingeschränkt mit der Strompreiskompensation (SPK) kombinierbar sein.
Gesamtstromverbrauch als Basis: Der ISP sollte für den gesamten Stromverbrauch eines Unternehmens bzw. Standorts gelten. Eine Begrenzung auf einzelne Anlagen oder Tätigkeiten ist praxisfern und erhöht den bürokratischen Aufwand unnötig.
Indirekte Stromverbräuche berücksichtigen: Auch indirekte Stromverbräuche (z.B. für Sekundärenergien, Medien, Infrastruktur) müssen bei ISP und SPK entlastungsfähig sein, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.
Vorprodukte und Wertschöpfungsketten einbeziehen: Vorprodukte, die der Herstellung beihilfefähiger Endprodukte dienen, sollten ebenfalls entlastungsfähig sein, um die gesamte Wertschöpfungskette zu berücksichtigen.
Pragmatische Messmethoden zulassen: Geeichte Messungen sind nicht immer erforderlich. Es sollten auch andere geeignete, behördlich akzeptierte Messmethoden (wie bei der SPK) zugelassen werden, um den Aufwand zu begrenzen.
Bürokratiearme Umsetzung: Die Abgrenzung zwischen SPK- und ISP-berechtigten Strommengen muss einfach, nachvollziehbar und möglichst unbürokratisch erfolgen. Die Differenzmethode (Gesamtstromverbrauch minus SPK-berechtigte Mengen) ist zu bevorzugen.
Keine zusätzlichen Zugangshürden: Neue Regelungen dürfen keine zusätzlichen Zugangshürden für Unternehmen schaffen, insbesondere nicht für KMU und Mittelstand. Die Mess- und Nachweispflichten müssen verhältnismäßig bleiben.
Erprobte Abgrenzungsmethoden nutzen: Für die Abgrenzung der Stromverbräuche sollten bewährte Methoden aus der SPK übernommen werden, um Kontinuität und Rechtssicherheit zu gewährleisten.
Begünstigung einzelner förderfähiger Unternehmenssegmente: Auch einzelne Unternehmenssegmente (-Standorte, Anlagen), die die Förderkriterien für den Industriestrompreis erfüllen, sollten unabhängig von der Gesamtbewertung des Unternehmens KUEBLL in den Genuss einer Förderung kommen.
1. Beispiele von Unternehmen/Branchen/typischen Konstellationen, die sowohl Anlagen im Portfolio haben, die SPK-berechtigt sind als auch „nur“ Industriestrompreis-berechtigt (Teilliste 1 der KUEBLL) sind. Als Anlagen würden wir grundsätzlich „BImSchG-Anlagen“ verstehen.
Papier
SPK berechtigt sind Unternehmen, die bestimmte Güter herstellen, und zwar im Umfang einer bestimmten Produktion dieser Güter multipliziert mit einem produktspezifischen Stromeffizienzbenchmark oder einem historischen Stromverbrauch, abhängig davon, was niedriger ist. Die Anlagenabgrenzung spielt für die SPK nicht die Rolle, die sie für die direkten Emissionen spielt. Der Stromeffizienzbenchmark umfasst aber in der Regel, wenn überhaupt nur die Stromverbräuche im Kernprozess – in unserem Falle die Papiermaschine bzw. die Altpapieraufbereitung. Eine Ausnahme gibt es für Produkte ohne Stromeffizienzbenchmark bei denen auf historische Stromverbräuche multipliziert mit einem zusätzlichen Reduktionsfaktor (Fallbackeffizienzfaktor) abgestellt wird.
Große Bereiche der Anlage und damit substantielle Teile des Stromverbrauchs wie die Wasseraufbereitung, Kraftwerk oder auch die Weiterverarbeitung von der Papierrolle zum SPK berechtigten Endprodukt (Converting) sind per Definition nicht vom Stromeffizienzbenchmark erfasst.
Zum Industriestrompreis (ISP) liegt noch keine detaillierte Regelung vor. Es macht allerdings den Anschein, als sollte er Unternehmen zugutekommen, die bestimmte Tätigkeiten durchführen (NACE Code) und bezieht sich auf die Verbräuche an deren Abnahmestellen dieser Unternehmen.
In der Regel dürfte es bei jeder Anlage, die SPK und ISP berechtigt ist aus den oben genannten Gründen ein substantielles Delta ergeben zwischen den Strommengen auf die die SPK Anwendung findet und denen auf die ein ISP Anwendung finden würde.
Stahl
In der Stahlindustrie – Elektrostahlwerke wie auch integrierte Hüttenwerke - kann für Stromverbräuche von Anlagen, deren Produkte der Erzeugung von Roheisen und Stahl gemäß NACE 24.10 zuzurechnen sind, Strompreiskompensation beantragt werden.
Dies gilt nach aktuellem Stand jedoch nicht für Anlagen zur Herstellung von Vorprodukten (Sintererzeugung, NACE 07.10, Luftzerlegungsanlagen, NACE 20.11) sowie Anlagen der Weiterverarbeitung, wie Walzwerke und Oberflächenbehandlung (z.B. Herstellung von Stahlrohren, NACE 24.20, Herstellung von Kaltband, Blankstahl und kaltgezogenem Draht 24.21 bis 24.34), die als Teil der Wertschöpfung ebenfalls an den Standorten betrieben werden. Diese nicht SPK-berechtigten Mengen machen je nach Konstellation etwa 15 % bis zu einem Drittel der Strommengen der Unternehmen aus.
Bei Erhalt der SPK lässt sich eine Doppelförderung/Kumulation vermeiden, indem die testierten SPK-geförderten Strommengen vom Gesamtverbrauch abgezogen werden und der ISP auf die Differenz angewendet wird. Einer Missbrauchsgefahr wird dadurch begegnet.
Sofern die (sehr begrüßenswerte und wichtige) Ausweitung des SPK-Begünstigtenkreises so umgesetzt wird, wie aus dem bisherigen Entwurf der EU-Leitlinie bekannt, vergrößert sich die Schnittmenge der SPK- und KUEBLL-Sektoren und die Zahl der exklusiv für ISP beihilfeberechtigten Aktivitäten nimmt ab.
Aluminium
In der Aluminiumindustrie existieren sowohl (BImSchG-) Produktionsanlagen, für die Anträge zur Strompreiskompensation gestellt werden, sowie BImSchG-Anlagen (z.B. Heizzentrale“ zur Versorgung des Werkes mit Heißwasser und Trafos“ zur Versorgung des Werkes mit elektrischem Strom), für die keine Strompreiskompensation beantragt sind.
Chemie
Nach der aktuellen Ausgestaltung erfolgt die Zuordnung über NACE-Codes und betrifft damit nur die jeweiligen Anlagen, die dem entsprechenden NACE-Code zugeordnet sind. An Verbundstandorten kann es jedoch vorkommen, dass gemeinsam genutzte Infrastruktur (darunter auch stromintensive Bereiche wie Kühltürme) nicht von der SPK profitiert.
Bei Chemieunternehmen gibt es gerade bei breiteren Produktportfolios durchaus Fälle, in denen (beim aktuell geltenden SPK-Begünstigtenkreis) bestimmte Aktivitäten der KUEBLL-Liste 1 nicht durch die SPK entlastet werden.
Beispiele: 2059, 2110; 2014 ist bisher noch nicht offiziell für die SPK bestätigt worden.
Auf konkrete Tätigkeiten (Anlagen- oder Produktebene) bezogen machen diese reinen ISP-Verbräuche regelmäßig einen kleinen Anteil des Gesamtstromverbrauchs aus. Würde der ISP tatsächlich nur auf Tätigkeiten bezogen, ist es aufgrund der CISAF-Vorgaben daher fraglich, ob der mit dem ISP verbundene Mehraufwand (Abgrenzung von Strommengen, Umsetzung Gegenleistungen) noch im Verhältnis zu der möglichen erreichbaren Entlastung steht. Für Unternehmen, die bereits heute die SPK beziehen, dürfte die SPK in dem Fall das relevantere Instrument bleiben.
2. Lassen sich alle Stromverbräuche auf Anlagenebene zurechnen oder gibt es auch beihilfeberechtigte Unternehmen ohne Anlagen?
2.1. Lassen sich die Strommengen auf Anlagenebene abgrenzen? Lässt sich eine Eingrenzung nur auf Anlagenebene vornehmen oder auch innerhalb von Anlagen selbst?
Papier
Unsere ISP berechtigten Unternehmen betreiben auch Anlagen mit BIMSCH Genehmigung. Allerdings betreiben sie auch Anlagen, die Teil einer BIMSCH Anlage ohne SPK Berechtigung sind. Z.B. eine Abwasserbehandlung, die Teil der BIMSCH Anlage „Kraftwerk“ ist.
Stromverbräuche lassen sich auf Anlagenebene und auch innerhalb der Anlage abgrenzen, die Frage ist in welcher Qualität das erfolgen muss. In der Regel sind auch die Anlagen, die nicht vom SPK Benchmark erfasst sind einer Anlage zugeordnet. Dies könnte (muss aber nicht) die Anlage sein, die SPK erhält.
Chemie
Die unbürokratischste und einfachste Lösung zur Abgrenzung von SPK-Strom und für den ISP relevanten Restmengen wäre die Bildung der Differenz aus der Gesamtstrommenge und der von Wirtschaftsprüfern testierten SPK-Strommenge. Dies setzt wiederum die ISP-Anwendung auf Gesamtstrommengen voraus.
Bei einem großen Teil der Stromverbräuche in Industrieunternehmen ist eine Zuordnung auf Anlagenebene zwar möglich, in der Praxis aber mit großen Herausforderungen verbunden, die die Komplexität des ISP erhöhen und den Zugang zu der Entlastung erschweren würden:
Systembruch bei KUEBLL-Unternehmen: Stromverbräuche jenseits SPK-fähiger Aktivitäten werden nicht standardmäßig im Detail aufgeschlüsselt, weil es dafür bisher keine konkrete Notwendigkeit gibt. So bezieht sich die BesAR auf den Gesamtstromverbrauch, was sachgerecht ist und unbedingt so beibehalten werden muss.
Eine Erfassung über die jeweiligen Zähler wäre bei einzelnen Anlagen zwar im Regelfall möglich, jedoch sind diese derzeit häufig nicht geeicht (aber gemäß §35 MessEG eichrechtskonform). Hier muss analog der SPK gehandelt werden dürfen. Auch bei der SPK ist keine eichrechtskonforme Messung je Anlage notwendig. Das gibt es bei der SPK nur im Zusammenhang für den Nachweis des Grünstrombezugs.
Vor allem Unternehmen, die bislang keine SPK erhalten haben und dadurch auch keine Erfahrungen mit der dortigen Abgrenzungssystematik haben, stehen damit beim Erhalt des ISP vor neuen Herausforderung. Das kann gerade für KMU und im Mittelstand zu prohibitiv hohen Zugangshürden führen.
Perspektivisch sollte eine Entlastbarkeit indirekter Strommengen zudem auch bei der BesAR eingeführt werden. Da die BesAR sich auf den Gesamtstromverbrauch und nicht auf einzelne Tätigkeiten bezieht, sollte eine entsprechende Entlastungslösung bei der BesAR ebenfalls nach der Logik dieser Regelung funktionieren.
Keiner bestimmten Anlage des Unternehmens zugeordnet sind i.d.R. indirekte Stromverbräuche zur Herstellung von extern bezogenen Sekundärenergien und Medien. Der VIK begrüßt ausdrücklich, dass eine Entlastungsmöglichkeit dafür sowohl bei ISP als auch bei SPK eingeführt werden soll.
Es wird darauf hingewiesen, dass SPK (und ggf. auch ISP) im Gegensatz dazu bei konkreten Tätigkeiten ansetzen. Um eine Wettbewerbsverzerrung für entlastete Unternehmen zu vermeiden, sollten daher indirekte Stromverbräuche entlastet werden, die für außerhalb der entlasteten Anlagen produzierten und gelieferten Sekundärenergien und Medien verbraucht werden. Dies umfasst Lieferungen durch Chemieparkbetreiber/Industrieparkbetreiber und andere externe Akteure wie Industriegasehersteller (z.B. bei Druckluft) sowie die zentralisierte Produktion von Medien außerhalb von SPK-Anlagen in Einzelunternehmen.
Das kann man in der Weise darstellen, dass bspw. der Hersteller von Druckluft den spezifischen Einsatzfaktor für Strom in kWh Strom/Nm³ Druckluft bestimmt und den Anlagenbetreibern auf Anfrage zur Verfügung stellt. Muss dann vermutlich durch die Prüfstelle verifiziert werden. Oder es gibt einen Standardwert von der Behörde. Anhand der Abnahmemenge des Mediums kann man dann die Strommenge für den Beihilfeantrag berechnen.
Ebenfalls keiner Anlage zugeordnet sind sonstige Stromverbräuche für Infrastruktur, Büros, Lager, Eisenbahnen etc., da diese Sachverhalte nicht direkt Produkte erzeugen. Diese machen meist einen kleineren Anteil gemessen am Gesamtverbrauch aus. Letztendlich funktioniert ein Unternehmen aber nicht ohne solche Verbräuche, selbst wenn es ansonsten ausschließlich beihilferelevante Produkte erzeugt. Die oben genannte Inklusion der Gesamtverbräuche in den ISP ist daher sachgerecht.
Wenn es nur um die Abgrenzung innerhalb einer Anlage geht, dann darf man gem. SPK grd.stzl. proportional nach den Produkttonnagen der Anlage aufteilen.
Eine weitere Aufschlüsselung innerhalb von Anlagen wäre theoretisch möglich und muss im Rahmen der SPK zum Teil bereits heute durchgeführt werden Allerdings würde damit der Aufwand zum Erhalt des ISP so groß werden, dass das Instrument im Grunde unattraktiv wäre.
Stahl
Grundsätzlich lassen sich in der Stahlindustrie Stromverbräuche, die unter die Strompreiskompensation fallen, auf Anlagen- bzw. Produktebene zurechnen, da der Stromverbrauch von stationären Anlagen im Rahmen des SPK-Antrags klar abgegrenzt wird. Beim Industriestrompreis wäre dies prinzipiell auch möglich – es fehlt jedoch im CISAF eine klare Anlagendefinition. In der Stahlindustrie stimmen die Stromverbrauchsmengen von Anlagen in der Regel mit denen der Produkte überein.
Aluminium
Für unser Werk lassen sich wesentliche Stromverbraucher direkt den Produktionsanlagen zurechnen. Die Zuordnung des Stromverbrauchs von Nebenanlagen erfolgt auf Basis der Genehmigungsunterlagen und der räumlichen Zuordnung.
Im Rahmen der Strompreiskompensation wird der Stromverbrauch für Infrastruktur aufgeteilt in kompensationsfähige Teile innerhalb der Anlage und nicht kompensationsfähige Teile (Strom für Sanitärräume, Kantine, Ausbildungsstätten, Einkauf, etc.).
Vorteilhaft wäre die Möglichkeit zur Inanspruchnahme des Industriestrompreises zum einen für die Anlagen, für die keine Strompreiskompensation beantragt werden kann, für den nicht kompensationsfähigen Infrastrukturstrom sowie für Strommengen von Nebenanlagen außerhalb der Anlagengrenzen nach BImschG (z.B. Strom zur Drucklufterzeugung an einer Anlage, die innerhalb der Anlagengrenzen einer anderen Anlage genutzt wird).
3. Inwiefern ist eine solche Eingrenzung praktisch einfach möglich? Oder gibt es individuelle Einschränkungen, beispielsweise für KMU oder bestimmte Branchen/Bereiche? Welcher Aufwand wäre mit einer solchen Eingrenzung verbunden (technisch, finanziell)?
Papier
Das hängt sehr davon ab, welche Genauigkeit gefordert wird. Eine geeichte Messung ist in vielen Fällen mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden.
Chemie
Wichtig ist, diese Abgrenzungen standortbezogen und nicht über den Unternehmensverbund hinweg vorzunehmen.
Die Strommenge, die für einen CISAF-basierten Industriestrompreis in Frage kommt, kann unbürokratisch und etwaigen Missbrauch ausschließend als Differenz zwischen dem gesamten Eigenverbrauch und der Summe der SPK-berechtigten Strommengen ermittelt werden. Zudem liegen alle dafür benötigten Strommengen bereits nachweisbar vor. Der Eigenverbrauch wird anhand geeichter Messungen ermittelt – oftmals auch als Grundlage für die besondere Ausgleichsregelung. Die SPK-Mengen werden gemäß Behördenvorgaben mit geeigneten Messungen erfasst und jährlich testiert.
Eine alternative anlagenscharfe „bottom up“-Erfassung der potenziellen CISAF-Strommenge wäre ebenfalls möglich, jedoch nur mit zusätzlichem Aufwand. Für eine aktuelle, detaillierte Aufschlüsselung von Verbräuchen fehlt hierfür bereits eine klare Anlagen-Definition gemäß CISAF. Bei der Beantragung des ISP würde eine anlagenscharfe Betrachtungsweise zudem hohen Bearbeitungsaufwand sowohl auf Seiten der Prüfer, der Behörden als auch auf Seiten des Unternehmens bedeuten. In anderen Entlastungstatbeständen, wie der SPK, erfolgt die Erfassung der Mengen nach Behördenvorgabe mit geeigneten Messungen. Für den Industriestrompreis sollten daher ebenfalls geeignete Messungen ausreichend sein (nicht gleichbedeutend mit geeichten Messungen). Eine Umrüstung auf geeicht gemessene einzelne Anlagen würde erheblichen Einfluss auf die kontinuierliche Produktion haben, da Zähler größtenteils nur bei Anlagenstillständen gewechselt werden können. Eine Umsetzung könnte daher nur sukzessive über mehrere Jahre mit einem hohen zeitlich andauernden Aufwand erfolgen. Hinzu kommen eigene Prüfungsstandards und Konventionen von Wirtschaftsprüfern, die den bürokratischen Aufwand zusätzlich steigern.
Vor allem die Zuordnung indirekter Strommengen aus Sekundärenergien/Medien wird bei einem Tätigkeitsbezogenen Ansatz schnell sehr kompliziert, wenn z.B. strombasierter Wärme- und Wasserbedarf für Büros oder Lager abgegrenzt werden müssen.
4. Gibt es bewährte Abgrenzungsmethoden der Stromverbräuche bspw. aus anderen Regimen, die auch bei einem Industriestrompreis eingesetzt werden könnten und möglichst unbürokratisch und einfach für die Unternehmen umsetzbar sind?
Es gibt immer die Möglichkeit Stromverbräuche zu schätzen und zu plausibilisieren. Es gibt auch im Zuge der Strompreiskompensation eine Betrachtung von Stromverbräuchen, die zur Strompreiskompensation gehören und solchen die nicht dazugehören.
Eine Abgrenzung nach der Systematik der SPK wäre denkbar, ist jedoch nicht bürokratiearm und erschwert den Zugang zu einem Industriestrompreis deutlich (v.a. für den Mittelstand und kleinere Unternehmen).
5. Gibt es alternative Vorschläge, um Stromverbräuche abzugrenzen? Sind Abgrenzungen der Stromverbräuche aus Sicht der Unternehmen überhaupt notwendig – weil etwa sowieso der weit überwiegende Teil der Produktion dient und damit sowieso der Teilliste 1 der KUEBLL zugerechnet wird? Und die restliche Strommenge vernachlässigbar wäre und es damit gar keiner Abgrenzung bedarf gibt?
Papier
Aus unserer Sicht ist die technische Abgrenzung nicht nötig. Ein ISP berechtigtes Unternehmen wird immer über eine oder mehrere geeichte Messstellen verfügen, über die extern Strom bezogen wird. Auch Eigenerzeugungsanlagen innerhalb des Standorts werden mit geeichten Messstellen versehen sein. Die Verbräuche Dritter am Standort sind ebenfalls geeicht gemessen. Insofern lässt sich der Stromverbrauch eines Unternehmens, das einem bestimmten Nace Code zuzuordnen ist exakt bestimmen. Auch die SPK bezieht sich auf einen konkreten Stromverbrauch. Zieht man diesen vom Gesamtstromverbrauch ab, hat man rechnerisch einen exakten Stromverbrauch ermittelt, der ISP berechtigt ist aber nicht der SPK unterliegt.
Stahl
Wie bereits dargelegt, wäre ein unbürokratischer Ansatz, die Strommenge, die für einen CISAF-basierten Industriestrompreis in Frage kommt, als Differenz zwischen dem gesamten Eigenverbrauch und der Summe der SPK-berechtigten Strommengen zu ermitteln.
Der Anteil sonstiger Stromverbräuche außerhalb der Produktion ist gemessen am Gesamtstromverbrauch in der Regel gering.
6. Welche sinnvollen Maßstäbe kann man aus Verbands-/Unternehmenssicht zur Abgrenzung zur Frage eines produktbezogenen (und damit beihilfefähigen) und eines nicht-produktbezogenen (und damit nicht beihilfefähigen) Stromverbrauchs einführen?
Sollte ein unternehmensbezogener Ansatz nicht mit der EU KOM umsetzbar sein, sollte sich die Systematik zur Abgrenzung der Strommengen zumindest an erprobten Prozessen wie dem der SPK orientieren.
7. Inwiefern lässt sich argumentieren, dass die Herstellung von Vorprodukten, die selbst einem NACE-Code unterliegen (bspw. Kokereien), aber letztlich der Produktion eines beihilfefähigen Produkts (etwa Stahl) dienen, ebenfalls entlastungsfähig sein sollen? Wo kann man aus Verbands-/Unternehmenssicht praktisch sinnvolle Grenzen ziehen, um beihilferechtliche Überkompensationen, etwa Vorwurf, dass jedes (externe) Vorleistungsprodukt entlastet würde, pragmatisch zu verhindern?
Alle Tätigkeiten an einem Standort mit einem bestimmten NACE Code sollten ISP berechtigt sein. Die Entlastung indirekter Strommengen zur Herstellung von Sekundärenergien und Medien ist sachgerecht, um bisherige Wettbewerbsverzerrungen aufzulösen. Der Bezug zu entlastungsfähigen Produkten kann durch entsprechende Meldungen von Lieferant und begünstigtem Unternehmen klar nachgewiesen und abgegrenzt werden (wie im BMWE-Vorschlag vorgesehen).
Eine Entlastung von Vorprodukten wäre sachgerecht, da gerade am Anfang komplexer Wertschöpfungsketten die Energiebedarfe am größten sind und sich somit eine entsprechend größere Entlastungswirkung entlang der Wertschöpfungskette erzielen ließe. Eine Abgrenzung könnte im Kontext der chemischen Industrie z.B. über die Einbindung in den stofflichen Verbund am Standort erfolgen.
Auch für die zeitliche Abgrenzung sollte es eine Lösung geben, d.h. für die Frage was passiert, wenn ein Unternehmen für eine oder mehrere SPK Produkte für ein oder zwei Jahre im ISP Zeitraum auf die SPK verzichten möchte und den ISP in Anspruch nehmen möchte. Es wäre gut, wenn jedes Unternehmen, dass sowohl für Teilverbräuche SPK berechtigt ist, als auch ISP berechtigt in jedem Jahr ein Wahlrecht hätte auf SPK zu verzichten und dafür ISP in Anspruch zu nehmen.
Stahl
In der Stahlindustrie sind Vorprodukte wie Sinter, Koks oder Sauerstoff klarer Teil der Wertschöpfungskette zur Stahlerzeugung – und sollten daher insgesamt mit entlastet werden. Die hier diskutierte Kombination der Strompreiskompensation mit einem Industriestrompreis für nicht unter die SPK fallende Verbräuche könnte ein Schritt in diese Richtung sein.
Referentin für Energie- und Stromwirtschaft