07.07.2025
Stellungnahme

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kohlendioxid- Speicherungsgesetzes

Allgemein

Der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft e.V. begrüßt, dass die Bundesregierung mit dem aktuellen Referentenentwurf zur Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes (KSpG) beabsichtigt, zentrale Voraussetzungen für die Nutzung von CCS (Carbon Capture and Storage) und CCU (Carbon Capture and Utilization) in Deutschland zu schaffen. Aus Sicht des VIK ist der Entwurf ein notwendiger und richtiger Schritt, um schwer vermeidbare Industrieemissionen zu senken, Investitionen auszulösen und die energieintensive Industrie klimaneutral und wettbewerbsfähig aufzustellen.

Im Detail

Der VIK unterstützt die Weiterentwicklung des KSpG in zentralen Punkten und begrüßt, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit dem Referentenentwurf entschlossen handeln und den regulatorischen Grundstein für eine zukunftsfähige CO₂-Logistik und deren industrielle Nutzung legen möchte. Die geplanten Änderungen setzen ein wichtiges Signal für die Etablierung tragfähiger Rahmenbedingungen für Transport, Speicherung und Nutzung von CO₂ und stärken die notwendige Investitionssicherheit für die energieintensive Industrie. Besonders hervorzuheben sind:

  • Klarstellung der Speicherzulässigkeit industrieller Emissionen: Besonders hervorzuheben ist die ausdrückliche Einbeziehung schwer vermeidbarer industrieller Prozessemissionen in den Anwendungsbereich des Gesetzes. Dies entspricht einer langjährigen industriepolitischen Forderung und eröffnet betroffenen Unternehmen eine rechtssichere und praktikable Dekarbonisierungsoption.
  • Planungsrechtlicher Infrastrukturrahmen: Die Einführung eines eigenständigen planungsrechtlichen Verfahrens zur Errichtung und zum Betrieb von CO₂-Leitungen ist positiv zu bewerten. Sie ermöglicht eine koordinierte Entwicklung der CO₂-Transportinfrastruktur und dient als Grundlage für die strategische Raumordnung auf regionaler wie überregionaler Ebene. Die Feststellung des überragenden öffentlichen Interesses für CO₂-Leitungen und Speicheranlagen stärkt die rechtliche Position im Planungs- und Genehmigungsprozess und entfaltet erhebliche Potenziale zur Beschleunigung der Vorhaben.
  • Rechtssicherheit für Offshore-Speicherung: Die gesetzliche Verankerung der Offshore-Erkundung und -Speicherung in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) sowie auf dem Festlandsockel – unter explizitem Ausschluss des Küstenmeers – schafft eine erstmals belastbare Rechtsgrundlage für marine CO₂-Speicherprojekte.
  • Verfahrensvereinfachung durch Streichung des Schlichtungsverfahrens: Die ersatzlose Streichung des bislang vorgesehenen Schlichtungsverfahrens im Rahmen der Planfeststellung ist als Schritt zur Verfahrensvereinfachung und Entbürokratisierung im Bereich der CO₂-Infrastruktur positiv hervorzuheben.
  • Landesrechtlicher Opt-in-Mechanismus für Onshore-Speicherung: Die Einführung eines bundesländerspezifischen Opt-in-Mechanismus für die Onshore-Speicherung wahrt föderale Zuständigkeiten und ermöglicht es den Ländern, entsprechend ihrer regionalen Gegebenheiten Speicherprojekte zuzulassen – ein ausgewogener Kompromiss zwischen bundesweiter Planungssicherheit und regionaler Akzeptanz.

Diese Regelungsvorschläge markieren einen wichtigen Fortschritt in der klimapolitischen Rahmensetzung. Sie schaffen nicht nur die Voraussetzungen für, sondern sichern auch die Transformationsfähigkeit der energieintensiven Industrie im internationalen Wettbewerb. Der VIK begrüßt daher die geplanten Änderungen ausdrücklich und ermutigt zu einer zügigen gesetzgeberischen Umsetzung.

Der VIK regt an, die folgenden Punkte im KSpG-E stärker zu berücksichtigen:

  • Fehlende Risikoteilung: Die vorgesehene ausschließliche privatwirtschaftliche Finanzierung der CO₂-Infrastruktur – ohne flankierendes staatliches De-Risking – steht im deutlichen Widerspruch zum Regelungsvorbild des Wasserstoffkernnetzes. Angesichts der hohen Investitionsbedarfe und Unsicherheiten in der Frühphase des CCS-Hochlaufs ist aus Sicht der Wirtschaft zwingend, ein staatlich abgesichertes Finanzierungsinstrument vorzusehen (z. B. in Form von Investitionsgarantien oder Mitfinanzierungsmechanismen).
  • Regulierungsrahmen: Die Zuweisung der Netzplanungskompetenz für ein CO₂-Kernnetz bleibt unklar. Es ist sachgerecht und systematisch geboten, die Bundesnetzagentur analog zur Wasserstoffinfrastruktur mit der integrierten Netzentwicklung zu beauftragen. Zudem ist der sachliche Anwendungsbereich des Gesetzes unvollständig. Es bedarf einer ausdrücklichen Erstreckung auf sämtliche CO₂-Transportmodi (Pipeline, Schiene, Binnenschiff) und zugehörige Infrastruktureinrichtungen (z. B. Kompressionsstationen, Verladeeinrichtungen, Terminals).
  • Länderöffnungsklausel: Die in Aussicht gestellte Länderöffnungsklausel für die geologische Onshore-Speicherung greift aus volkswirtschaftlicher und raumplanerischer Sicht zu kurz. Eine bundeseinheitliche strategische Speicherplanung ist erforderlich, um eine flächendeckende und kostenoptimierte Infrastrukturentwicklung sicherzustellen.
  • Förderrechtlicher Instrumentenmix: Die gegenwärtige Ausgestaltung der Klimaschutzverträge ist mit Blick auf CCS/CCU-Vorhaben defizitär. Es fehlt an einer expliziten Regelung zur anteiligen CAPEX-Förderung zur Kompensation der Vorabinvestitionsbelastungen. Fördermaßnahmen müssen entlang des Investitionszyklus gestaffelt und durch Vorauszahlungen flexibilisiert werden. Darüber hinaus sind bestehende nationale sowie europäische Förderlinien für CCS/CCU zweckgerichtet zu öffnen und breiter zugänglich zu machen.
  • Technologieneutralität und sektorale Gleichbehandlung: Die gleichwertige Berücksichtigung erdgasbasierter Kraftwerke – insbesondere industrieller Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) sowie stromgeführter Erdgaskraftwerke – ist zwingend sicherzustellen. Beide Anlagentypen erfüllen systemrelevante Funktionen und sind daher sowohl beim Zugang zur CO₂-Transportinfrastruktur als auch bei der Inanspruchnahme einschlägiger Förderinstrumente – wie den Klimaschutzverträgen und der Bundesförderung für Industrie und Klimaschutz – gleichzustellen, und zwar unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Inbetriebnahme. Dies gilt insbesondere auch für H₂-ready-Gaskraftwerke, die in der Übergangsphase mangels verfügbarer Wasserstoffinfrastruktur noch mit Erdgas betrieben werden müssen. Die Einbindung dieser Anlagen ist unabdingbar, um Investitionssicherheit herzustellen, Versorgungskontinuität zu gewährleisten und technologieoffene Transformationspfade nicht frühzeitig regulatorisch einzuengen.
  • Zertifizierungsregime und biogene Emissionen: Es fehlt eine explizite Regelung zur Anrechenbarkeit biogenen CO₂s im Rahmen des Emissionshandels. Negative Emissionen – etwa aus biogenen Anteilen in Mischprozessen (z. B. in der Zement- und Kalkindustrie) – sind unter angemessenen Nachweisstandards zu berücksichtigen. Erforderlich ist hierfür eine transparente Integration in das bestehende EU-ETS, flankiert durch anerkannte Quantifizierungs- und Verifizierungsverfahren.
  • Internationale Verbringung: Der Entwurf enthält keine ausreichenden Regelungen zur grenzüberschreitenden Verbringung von CO₂. Die Ratifizierung des London-Protokolls sowie der Abschluss bilateraler Vereinbarungen mit Speicherstaaten sind zwingende Voraussetzung für die Nutzung offshore-gelegener Speicherstätten außerhalb des deutschen Küstenmeers.
  • Verfahrensbeschleunigung: Für ein funktionierendes CCS-Regime ist eine ausreichende personelle und fachliche Ausstattung der zuständigen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden unabdingbar, um zügige und rechtssichere Zulassungsverfahren zu gewährleisten. Gleichzeitig ist sicherzustellen, dass das nationale Regelwerk keine über die europarechtlichen Vorgaben hinausgehenden Anforderungen enthält. Ein verbindliches Verbot sogenannter „Gold-Plating“-Regelungen sollte gesetzlich verankert werden, um zusätzliche regulatorische Belastungen zu vermeiden und Investitionssicherheit sowie Planbarkeit für die betroffenen Akteure zu schaffen.

Der vorliegende Referentenentwurf stellt einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung dar, insbesondere durch die ausdrückliche Einbeziehung technisch schwer oder nicht vermeidbarer Prozessemissionen in den Anwendungsbereich des Gesetzes. Damit wird eine wesentliche industriepolitische Forderung aufgegriffen. Positiv hervorzuheben ist zudem, dass die neue Bundesregierung diesem für die Transformation der energieintensiven Industrie zentralen Regelungsvorhaben eine hohe politische Priorität einräumt. Dies sendet ein bedeutsames Signal für die regulatorische Planungs- und Investitionssicherheit im Kontext der langfristigen Dekarbonisierungsstrategie. Gleichwohl besteht weiterhin erheblicher Konkretisierungsbedarf im Hinblick auf die wirtschaftliche Flankierung der geplanten Maßnahmen. Insbesondere die Fragen der Finanzierung der Infrastruktur sowie der Absicherung der mit CCS-/CCU-Projekten verbundenen Investitionsrisiken sind bislang unzureichend adressiert. Ohne entsprechende finanzielle Instrumente und Rahmenbedingungen wird die angestrebte Marktentwicklung erheblich ausgebremst. Eine zeitnahe Nachsteuerung erscheint daher unerlässlich.

Anastasiia Woydte
Ansprechpartnerin

Anastasiia Woydte

Seniorreferentin für industrielle Transformation