25.03.2025
Pressemitteilung

Industrieverband VIK warnt: Weitere Kraftwerksstilllegungen gefährden Versorgungssicherheit

Überarbeitet am 27.03.2025 um 14.44 Uhr

Berlin, 25. März 2025 – Der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft e. V. (VIK) warnt vor den Risiken weiterer Kraftwerksstilllegungen. Zum 31. März 2025 werden 148 MW gesicherte Kraftwerksleistung endgültig stillgelegt. Ergänzt um die bereits zu Beginn des Jahres stillgelegte Leistung und weitere geplante Stilllegungen fallen mindestens 469 Megawatt gesicherte Kraftwerksleistung im Jahr 2025 weg – genug, um bei voller Auslastung den Haushaltsstrom einer Millionenstadt wie Hamburg oder Berlin für ein Jahr zu decken. Angesichts von länger auftretenden Dunkelflauten im Winter und dadurch bedingten stark volatilen Strompreisen stellt der weitere Entzug gesicherter Leistung aus dem Strommarkt oder die endgültige Stilllegung von Kraftwerken eine ernste Gefahr für die Versorgungssicherheit dar. Das treibt den Strompreis in Zeiten geringer Einspeisung erneuerbarer Energien in extreme Höhen. Darunter leidet sowohl die Industrie als auch das produzierende Gewerbe.

„Wetterunabhängige Kraftwerksleistung, die bei ausbleibender Wind- und PV-Einspeisung einspringt, ist das Rückgrat unserer Stromversorgung. Die in den vergangenen Jahren stattgefundene Reduktion gesicherter Leistung ohne gleichzeitig stattfindenden adäquaten Zubau von Kraftwerken war fahrlässig“, so Christian Seyfert, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK). Seyfert weiter: „Die Stilllegungen sind ein fatales Signal: Sie gefährden die Versorgungssicherheit und treiben die Strompreise weiter in die Höhe.“

Um den beschleunigten Kohleausstieg bis 2030 im Rheinischen Revier ohne Risiken für die Versorgungssicherheit zu realisieren, müssen schnellstmöglich steuerbare Ersatzkapazitäten von mindestens 20 Gigawatt gebaut werden. Ohne diesen Zubau wären ab Ende der 2020er Jahre "Brown-Outs", sprich temporäre Abschaltungen von Industriebetrieben, nicht mehr auszuschließen. Auch die Strompreisvolatilität würde weiter zunehmen. Der Bau neuer Kraftwerke muss nun endlich mit konkreten Maßnahmen und einem verbindlichen Zeitplan auf den Weg gebracht werden – denn während politische Entscheidungen weiter auf sich warten lassen, schrumpfen die gesicherten Kraftwerkskapazitäten immer weiter. Die gesicherte, installierte Gesamtleistung ist 2024 im Vergleich zum Jahr 2022 um 10 % (8,1 GW) gesunken und die gesicherte Leistung im Strommarkt sogar um 19 % (13,7 GW). Das entspricht ca. einer Leistung von zwölf Kernkraftwerken.

Die künftige Bundesregierung hat im Sondierungspapier eine schnelle Wiederaufnahme der Kraftwerksstrategie versprochen – jetzt muss sie liefern. Der VIK fordert die nächste Bundesregierung auf, noch in diesem Jahr verbindliche Schritte für den Zubau gesicherter Kapazitäten einzuleiten. Stilllegungen konventioneller Erzeugungskapazität dürfen nur noch in Abstimmung mit dem Bau von „Back-up“-Kraftwerken oder Stromspeichern sowie dem synchronisierten Ausbau der Erneuerbaren mit den nötigen Netzen erfolgen.

Aus Sicht des VIK sollten zur Vermeidung unkontrollierter Preisspitzen (wie am 7. November 2024 oder 13. Dezember 2024) auch die Reservekraftwerke während der Wintermonate (wie bereits im Winter 2022/23 mit dem Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz (EKBG) erfolgreich praktiziert) wieder am Markt teilnehmen dürfen. Derzeit dürfen die Reservekraftwerke gesetzlich nur zur Systemstabilisierung eingesetzt werden und nicht in das Marktgeschehen eingreifen. Es wird also eine signifikante Menge an gesicherter Leistung (ca. 10 GW) vorgehalten und finanziert, die nicht zur Dämpfung von Preisspitzen eingesetzt werden darf.

Um die Auswirkungen des Kohleausstiegs bewerten zu können, schreibt das Gesetz zur Reduzierung und zur Beendigung der Kohleverstromung (Kohleverstromungsbeendigungsgesetz – KVBG) eine regelmäßige Überprüfung durch die Bundesregierung vor. Die letzte gesetzlich vorgeschriebene Überprüfung nach § 54 KVBG hätte zum 15. August 2022 erfolgen müssen – sie steht jedoch weiterhin aus. „Es ist vollkommen unverständlich, dass die Bundesregierung seit über zwei Jahren die vorgeschriebene Überprüfung der Maßnahmen zum Kohleausstieg nicht abgeschlossen hat. Ohne die verbindliche Evaluation der aktuellen Maßnahmen befinden wir uns in einem selbst verschuldeten energiepolitischen Blindflug“, erklärt Christian Seyfert.

Veränderungen im deutschen Kraftwerkspark zum 31.03.2025 im Überblick:

• Kraftwerk Walheim (148 MW): Endgültige Stilllegung aus der Netzreserve.

• Kraftwerk Zolling (472 MW): Überführung in die Netzreserve bis 2031, trotz vorzeitiger Entlohnung im KVBG-Ausschreibungsverfahren für einen vorzeitigen Kohleausstieg.

Weitere Entwicklungen im Jahresverlauf 2025 im Überblick:

• Kraftwerksstandort Heilbronn: Die geplante Inbetriebnahme von Block 8 (674 MW) führt zur Stilllegung bisheriger Blöcke, was eine Netto-Reduktion der gesicherten Leistung um 354 MW bedeutet. Die Netzbetreiber prüfen eine Verlängerung der Systemrelevanzausweisung für zwei Blöcke bis maximal 2031, wodurch immer noch eine Netto-Reduktion von 100 MW am Kraftwerksstandort bestehen würde.

• Bereits erfolgte Stilllegung von Weisweiler F (321 MW) als Teil des Braunkohleausstiegspfads.

Matthias Nuyken
Ansprechpartner

Matthias Nuyken

Stv. Fachbereichsleiter Politik & Kommunikation / stv. Pressesprecher