Die FNB Gas haben am 12. Juli einen vorläufigen Planungsstand für ein Wasserstoffkernnetz für Deutschland vorgestellt und um Rückmeldung im Rahmen einer Konsultation gebeten. Das Kernnetz soll im Herbst aufgrund des neuen §28r EnWG (derzeit noch im parlamentarischen Verfahren) final erstellt werden. Der VIK begrüßt die Möglichkeit zur Konsultation auch für Akteure, die nicht zu den Netzbetreibern gehören.
Aus Sicht der energieintensiven Industrie als ein Hauptabnehmer von Wasserstoff ist es zunächst verwunderlich, dass das Zieljahr 2032 sein soll, während die meisten Akteure mit einem Umbau ihrer Anlagen bis 2030 planen und dann einen Zugang zu signifikanten und hinreichenden Wasserstoffmengen benötigen. Aus Sicht des VIK sollte daher der Planungshorizont synchronisiert werden, um den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft ohne Brüche zu gestalten.
Der aktuelle Planungsstand lässt einige Details noch im Unklaren, z.B. die Lage der genauen Ausspeisepunkte und die Rohrleitungskapazitäten, zu denen in der weiteren Planung zusätzliche Angaben gemacht werden müssen, um eine umfassende Bewertung durch die möglichen Abnehmer zu ermöglichen.
Positiv ist zu bewerten, dass nicht nur Standorte der stofflichen Verwertung von Wasserstoff in der Planung berücksichtigt wurden, sondern auch KWK-Anlagen mit einer Leistung von 100 MW. Es ist mit Blick auf ein Kern- bzw. Startnetz verständlich, dass hier eine Schwelle eingezogen werden muss und nicht von vornherein alle Abnehmer berücksichtigt werden können. In einigen industriellen Clustern bzw. Verbundstandorten ergibt sich jedoch das Problem, dass hier mehrere mittelgroße Anlagen je 20-40 MW betrieben werden, die zwar gemeinsam die Schwelle leicht überschreiten, aber nicht als einzelne Anlagen. Der VIK regt daher an, bei der Überarbeitung des Netzes die kumulierte Leistung bei Industrie- und Chemieparks oder ähnlichen Standorten mit in räumlicher Nähe zueinander liegenden Einzelstandorten zugrunde zu legen.
Die Modellierung beruht darüber hinaus auf der Annahme, dass die Verbrauchsanlagen durchschnittlich 2.500 Vollaststunden Betriebsdauer im Jahr aufweisen. Für Betriebe der energieintensiven Industrie ist dies sehr niedrig angesetzt, da die Anlagen üblicherweise das gesamte Jahr durchlaufen und nur für Wartungszwecke kurzzeitig heruntergefahren werden. Selbst wenn eine flexible, stärker angebotsorientierte Fahrweise unterstellt wird, ist eine so niedrig angesetzte Vollaststundenzahl weit entfernt von einem wirtschaftlichen
Betrieb der Anlagen. Viele der Anlagen werden zudem zunächst auf Erdgas bei gleichzeitiger H2-readiness angelegt, was eine Erhöhung der Investitionskosten und damit eine weitere geringere Wirtschaftlichkeit nach sich zieht. Der tatsächliche Bedarf der Abnehmer wird also in der Praxis den in der Planung angenommenen Bedarf deutlich übersteigen, sodass es hier zu einer Fehlplanung kommen kann.
Jenseits der Netzplanung ist es wichtig, dass auch der Marktrahmen zügig erstellt wird. Dies betrifft insbesondere die Umsetzung der europäischen Entflechtungsregeln, der diskriminierungsfreie Netzzugang, die Organisation des Handels und die Netzentgeltbildung. Für letztere legt der VIK besonderen Wert darauf, dass die im Entwurf des EnWG vorgesehene Verordnung zur Deckelung der Netzentgelte für First Mover unter den Abnehmern effektiv und zügig umgesetzt wird, um einen verlässlichen Planungsrahmen für Unternehmen zu schaffen.
Referent für Neue Konzepte und Technologien