23.06.2022
Stellungnahme

VIK Stellungnahme zum Vorschlag für eine Verordnung über fluorierte Treibhausgase, zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937 und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 517/2014

Einleitung: Der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK e.V.) unterstützt die EU-Kommission bei ihren Klimaschutzbemühungen auf den Weg zur Klimaneutralität für Europa bis 2050. In diesem Zusammenhang unterstützt der VIK auch das Bestreben der EU-Kommission die Verordnung (EU) Nr. 517/2014 des europäischen Parlamentes und des Rates vom 16. April 2014 über fluorierte Treibhausgase, und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 842/2006 einer Überarbeitung zu unterziehen. Fluorierte-Treibhausgas-Emissionen (F-Gase) sind aus Sicht des VIK grundsätzlich weiter zu reduzieren, einer Verwendung von F-Gasen mit hohem Treibhauspotenzial ist entgegenzuwirken und eine Verwendung alternativer Stoffe oder Technologien ist zu fördern. Ein Teil der Überprüfung der Verordnung (EU) Nr. 517/2014 betrachtet den Einsatz von SF6 in elektrischen Schaltanlagen. Die Ambitionen der EU-Kommission für diesen Teilaspekt sind nach Überzeugung des VIK vor allem dadurch umsetzbar, dass die Nachfrage nach Schwefelhexafluorid (SF6) reduziert sowie SF6-Emissionen beispielsweise durch die Vermeidung von Leckagen bei der Herstellung und beim Betrieb sowie bei der Entsorgung verringert werden. Der VIK unterstützt die EU-Kommission bereits seit Langem in den Bemühungen zum Klimaschutz. Ein erfolgreiches und bewährtes Instrument ist die freiwillige Selbstverpflichtung „Selbstverpflichtungserklärung der SF6-Produzenten, Hersteller und Betreiber von elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln >1 kV zur elektrischen Energieübertragung und –verteilung“. Durch die Transparenz im Zuge des SF6-Monitorings sind die Emissionen nachweislich dauerhaft reduziert worden. Der VIK empfiehlt das SF6-Monitoring, im Rahmen der freiwilligen Selbstverpflichtung, zur weiteren Reduktion von SF6-Emissionen und im Rahmen des verantwortungsbewussten Umgangs mit dem Isoliergas SF6 weiter fortzusetzen. Im Rahmen der Überarbeitung der Verordnung über fluorierte Treibhausgase (Verordnung (EU) Nr. 517/2014) sind aus Sicht des VIK folgende Aspekte für den Einsatz von Schwefelhexafluorid (SF6) in industriellen Schaltanlagen relevant. Die aktuellen auf der SF6-Technologie basierenden industriellen Schaltanlagen und Geräte sind technisch ausgereift, sicher und zuverlässig. Alternative Stoffe oder Technologien dürfen die Sicherheit, Funktionalität und Energieeffizienz zu keiner Zeit negativ beeinträchtigen. Anhang 4 Nr. 23 lit. a-d F-GasVO-Entwurf gibt für Schaltanlagen unterschiedlicher Spannungsebenen verschiedene Stichtage für den Einsatz von alternativen Isoliergasen in Abhängigkeit Ihres Global Warming Potentials (GWP) vor. Der VIK weist darauf hin, dass Anhang 4 Nr. 23 lit. a-d F-GasVO-Entwurf Interpretationsspielräume in der Lesart zulässt. Aus VIK-Sicht ergibt sich ein 3-Stufen-Modell: GWP < 10; 10 < GWP < 2000 sowie GWP > 2000. Das heißt, bevor ein Isoliergas der jeweils höheren Stufe eingesetzt werden darf, ist nachzuweisen, dass kein Isoliergas aus der vorhergehenden Stufe auf dem Markt verfügbar ist. Grundsätzlich begrüßt der VIK ambitionierte Übergangszeiträume um Isoliergase mit hohen GWP-Werten im Sinne des Umweltschutzes schrittweise aus dem Markt zu nehmen. Die Festlegung des GWP-Stufenmodells mit den genannten Grenzen lässt sich aus Sicht des VIK jedoch nicht nachvollziehen. Auch die Wahl der Übergangsfristen ist nicht nachvollziehbar. Ein Vergleich mit der VDE-FNN-Information[1] verdeutlicht, dass zu den im Entwurf der EU-Kommission „COM(2022) 150 final“ geforderten Verbotsfristen keine ausreichenden Isoliergas-Alternativen für industrielle Schaltanlagen zur Verfügung stehen. In der VDE-FNN-Information sind längere Übergangszeiträume für den Einsatz von Isoliergas-Alternativen festgehalten gegenüber dem F-GasVO-Entwurf der EU-Kommission. Sowohl die Festlegung von Grenzen für das Global Warming Potential als auch die Festlegung von Übergangszeiträumen muss einen Technologiewechsel für den Einsatz von Isoliergas-Alternativen praktikabel ermöglichen. Neben der Entwicklung und Einführung neuer gasisolierter Technologien und SF6-freier Betriebsmittel mit geringerem Global Warming Potential müssen sich die Isoliergas-Alternativen in der Praxis bewähren. Aus Sicht des VIK muss die Entwicklung, Erprobung und Marktverfügbarkeit SF6-freier Betriebsmittel mit den Übergangszeiträumen, dargestellt im EU-Kommissionsentwurf, harmonieren. Der Vergleich zwischen der aktuellen Marktsituation und den vorgeschlagenen Übergangszeiträumen sieht der VIK kritisch. Standpunkte/Forderungen:
  • Technisch praktikable und ausgereifte SF6-Alternativen für den Einsatz in industriellen Schaltanlagen sind begrenzt[2]. SF6-Alternativen haben teilweise andere elektrische Eigenschaften. Hersteller und Anwender müssen unter Berücksichtigung von Anhang 4 Nr. 23 lit. a-d F-GasVO-Entwurf ausreichend Gelegenheit erhalten, neue Technologien auf Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit unter Praxisbedingungen zu erproben. Aus Sicht des VIK sind die gewählten Übergangszeiträume und die gewählten GWP-Grenzwerte nicht praxistauglich und nicht nachvollziehbar.
  • Der Weiterbetrieb der im Einsatz befindlichen SF6-Schaltanlagen muss auch unter Berücksichtigung der Verbotsfristen von Anhang 4 Nr. 23 lit. a-d F-GasVO-Entwurf sichergestellt sein. Der VIK weist darauf hin, dass Schaltanlagen modular aufgebaut sind und in ihrem Lebenszyklus den jeweiligen Erfordernissen angepasst werden. Dies kann auch die Erweiterung bestehender Module beinhalten. Ein Weiterbetrieb muss daher neben den Aspekten „Wartung“ und „Reparatur“ auch die Erweiterung bestehender Anlagen und Betriebsmittel berücksichtigen.
  • Die Verbotsfristen für SF6-Anwendungen in Schaltanlagen gemäß Anhang 4 Nr. 23 lit. a-d F-GasVO-Entwurf und die GWP-Grenzen müssen die Verfügbarkeit mehrerer Anbieter inkl. Dienstleister für jeden Anwendungsbereich gewährleisten. Stabile Lieferkapazitäten müssen durch mehrere Hersteller am Markt verfügbar sein; Monopolstellungen sind zu vermeiden.
  • Schwefelhexafluorid (SF6) ist ein standardisiertes Isoliergas. Für SF6 liegen Normen vor, die dessen technische Eigenschaften herstellerunabhängig beschreiben. Auch sind Verfahren zur Aufbereitung und Wiederverwendung standardisiert. Eine Vielzahl von im Markt verfügbarer nicht normierter Gasgemische ist schwer zu handhaben. Der VIK vertritt die Auffassung, dass sich auf wenige SF6-Alternativen konzentriert und diese dann auch standardisiert werden.
[1] VDE FNN Information, Übergangszeiten für alternative gasisolierte elektrische Betriebsmittel notwendig, Hersteller und Anwender empfehlen angemessene Übergangszeiten, Stand 04/2021 [2] Ecofys et al., Konzept zur SF6-freien Übertragung und Verteilung elektrischer Energie – Abschlussbericht; Projekt-Nummer: ESMDE16264; BMU Kennzeichen: 03KE0017; https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/2503/dokumente/endbericht_sf6_de.pdf
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