Die Europäische Kommission hat im Sommer 2015 einen Legislativvorschlag veröffentlicht, um den europäischen Zertifikatehandel für Treibhausgasemissionen zu reformieren. Dieser Vorschlag wird aktuell im Europäischen Parlament und in den EU-Mitgliedstaaten diskutiert. Die Bundesregierung arbeitet derzeit an ihrer Positionierung zu diesem Dossier. Zentrales Anliegen der Reform ist die Überarbeitung des EU-Emissionshandels (EU ETS) für das nächste Jahrzehnt. So soll bis 2030 ein wesentlicher Beitrag zur angestrebten Treibhausgasminderung von 40 % gegenüber 1990 in den ETS-Sektoren geleistet werden.
Gleichzeitig soll nach dem Willen der EU-Staats- und Regierungschefs keine unangemessene Kostenbelastung für effiziente Unternehmen im internationalen Wettbewerb entstehen. Genau das könnte aber eintreten. Denn eine neue Studie der Münchener Unternehmensberatung FutureCamp im Auftrag des Verbands der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft e. V. (VIK) zeigt: Würde die Reform des EU ETS wie von der Kommission vorgeschlagen umgesetzt, so hätte dies für Unternehmen in allen energieintensiven Branchen teilweise existenzbedrohende Kostensteigerungen zur Folge.
Dies wird anhand der berechneten Unternehmensbeispiele deutlich: Einer Energie-erzeugungsanlage in der chemischen Industrie oder einer Papiererzeugungsanlage könnten bis 2030 beispielsweise Mehrkosten in 15- bis 17-facher Höhe verglichen mit den heutigen Emissionshandelskosten entstehen. Für eine einzige Anlage – zum Beispiel zur Herstellung von Aluminium – entstünde durch den Kommissionsvorschlag eine zusätzliche Belastung von mehr als 25 Millionen Euro im Jahr. Die ohnehin niedrigen Gewinnmargen der Unternehmen in den hart umkämpften internationalen Märkten für energieintensive Produkte würden durch solche Kostenbürden in allen Fällen nahezu vollständig aufgefressen.
In der Studie wurde dem Kommissionsvorschlag ein modifiziertes Szenario entgegengesetzt. Dieses berücksichtigt industrielle Belange stärker, allerdings nur im Rahmen aktuell diskutierter Vorschläge im Europäischen Parlament. Aus den Berechnungen von FutureCamp geht in diesem Fall zwar hervor, dass eine Dämpfung der Kostenbelastung für Industrieunternehmen in vielen Fällen möglich ist. Die Kostenbelastungen steigen jedoch selbst in dem angepassten Szenario immer noch erheblich! Der VIK fordert daher einen umfassenderen Schutz der energieintensiven Industrie im internationalen Wettbewerb.
Zitate:
Barbara Minderjahn, Geschäftsführerin des VIK:
„Es ist schockierend, welche Belastungen auf einzelne Unternehmen und den Wirtschaftsstandort Deutschland zukämen. Zahlreiche Standorte wären in ihrer Wirtschaftlichkeit bedroht. Im internationalen Wettbewerb, zum Beispiel mit Standorten in den USA, die ohnehin von weit niedrigeren Energiepreisen profitieren, wären die Unternehmen durch die aufgezeigten Kostenbürden massiv benachteiligt. Eine solche Zusatzbelastung ist für die Unternehmen schlicht nicht leistbar.“
„Besonders problematisch ist, dass auch die effizientesten Unternehmen mit den Reformplänen akut in ihrer Wirtschaftlichkeit gefährdet werden. Dabei haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU noch 2014 dafür ausgesprochen, dass genau dies nicht passieren darf.“
„Energieintensive Unternehmen müssen im internationalen Wettbewerb stärker geschützt werden. Um Investitionen in Innovationen und Effizienzverbesserungen zu ermöglichen und das erklärte EU-Ziel zu erreichen, den Anteil der Industrie an der Bruttowertschöpfung auf 20 Prozent anzuheben, brauchen wir stabile klimapolitische Rahmenbedingungen, die die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen im Blick behalten. Einen wesentlichen Baustein dieser Rahmenbedingungen bilden nachhaltig wirkende Schutzmaßnahmen gegen Carbon Leakage in einem reformierten Emissionshandel.“
Weitere Unterlagen: